„(I guess) There is no one to blame“
Europe: The Final Countdown / Songwriter: Joey Tempest
DER LETZTE TAG DER GROSSEN KONFERENZ war angebrochen. Neben dem Jungfernflug der USS EUROPE waren noch viele andere Dinge auf der Raumstation TEREKAWE gelaufen. Ge-spräche. Freundlicher Austausch. Verträge waren abgestimmt worden. Ein Mensch irrte noch immer einsam durch die Gänge der EUROPE und suchte nach den Toiletten. Der Höhepunkt aber sollte die Rede des Botschafters Zippan zum Ende der Kon-ferenz sein. Aber das war eigentlich nur noch eine Formsache, nichts konnte mehr schiefgehen.
„Nichts konnte mehr schiefgehen“ war auch der große Hit des interstellaren Künstlers Rex Tonadoro „Tony“ Robert O’Blank, einem ehemaligen Offizier der Raumflotte, der aus dem aktiven Dienst ausgeschieden war, um seine Musikkarriere voranzutreiben. Die Inschrift auf seinem Grabstein – „Er hat es wenigstens versucht“ – fasste den Erfolg seiner Ambitionen sehr gut zusammen. „Nichts konnte mehr schiefgehen“ war neben „Hasso! Hasso! Hasso!“ (einer Ode an einen Ingenieur der schnellen Raumverbände) und „Ich möchte auf Deinem Mond der Mann im Mond sein, und das ist keine explizite sexuelle Anspielung, ich fänd’s nur nett“ (ein Lied, dessen Inhalt hier nicht wiedergegeben werden kann, denke doch mal EINER an die Kinder!) einer seiner größten Erfolge. Der richtige Name des Mannes war Hubertus Maisenklaiber, seinen Künstlernamen hatte er sich von seinen verschiedenen großen Vorbildern zusammengeklaut und viele Musikexperten waren der Meinung, dass „Nichts konnte mehr schiefgehen“ das Lied war, das die ganze Tragik und Hybris seiner Existenz auf den Punkt brachte. Es beschrieb den Punkt, da er beschloss, aus einem komischen Hobby eine Existenz aufzubauen, was die zuvor schon angedeuteten Konsequenzen hatte. Nicht einmal der Umstand, dass er Kandidat bei „Eye in the Sky“, einer Realityshow aus dem Gal-Web, bei der die Kandidaten sich ununterbrochen von Kameras beobachten lassen und verschiedene sinnige oder meistens unsinnige Aufgaben lösen müssen, war, konnte seiner Karriere genug Momentum verschaffen. Er war für eine kurze Zeit berühmt, doch dann war er dazu verdammt, vor besoffenen Besuchern des Vergnügungsplaneten Monomalle seine Lieder zum Besten zu geben und mit „Nichts konnte mehr schiefgehen“ quasi sein Innerstes nach außen zu kehren, während stark alkoholisierte Menschen und Außerirdische als Antwort grölten: „Falalalala, nichts konnte mehr schiiiiiiefgäääääääähn!“
Hardcorefans behaupten bis heute, dass Tonadoro nicht tot sei, sondern von Außerirdischen entrückt worden, denn sein Name sei in Wahrheit „Meisenklaiber“ gewesen, auf seinem Grabstein stünde aber „Maisenklaiber“. Sie deuteten das als starken Hinweis, dass der Sarg leer war, denn ein Grabstein mit dem ech-ten Namen einer noch lebenden Person galt in manchen Kulturen der Galaxis, die noch nicht ganz auf der Höhe der Zivilisation waren, als Unglück bringend.
Commander Franek summte zufrieden vor sich hin: „Falalalala, nichts konnte mehr schiefgehen.“ Es war das erste Mal seit dem Moment, da die ganzen Ereignisse begonnen hatten, dass er entspannt war. Die EUROPE hatte zwar Schaden genommen von der ganzen Sache, aber man war auf eine gute Lösung ge-kommen. Das Schiff würde ins Raumdock von T’Byng‘n gebracht und repariert werden. Gleichzeitig sollte eine Umrüstung erfolgen. Franek grinste, als er sich das Gespräch zwischen Kapitänin Betulius und der Admiralität ins Gedächtnis zurück-rief. Die Kapitänin hatte ihren Standpunkt mit sehr blumigen Worten klargemacht. „Ignari“ und „geistiger Totalschaden“ waren dabei noch die freundlichsten, die sie über den Chefingenieur der Flotte zu sagen wusste, der für den Einbau des ur-sprünglichen Antriebs in die EUROPE verantwortlich war. Und die Admiralität gab klein bei. Allerdings würde die Umrüstung etwas Zeit in Anspruch nehmen, daher wurde für die nächste Zeit – die nächsten Monate – auf eine Behelfsversion ausgewichen: die Kapitänsjacht. Jedes Schiff der Flotte verfügte über ein kleines, wendiges und repräsentatives Beiboot. Selbiges sollte nun der Besatzung der EUROPE als Vehikel dienen. Das machte die Aufträge vielleicht etwas komplizierter, da die Jacht natürlich nicht über genügend Schlafplätze für die vorgesehene Rumpfbesatzung verfügte. Aber das würde man hinkriegen.
Noch lag das aber in der Zukunft. Die EUROPE lag im Dock der TEREKAWE und die Besatzung versah dort ihre Arbeit.
Auf welche neuen Probleme die Besatzung der EUROPE stößt, das kann man nachlesen in dem gleichnamigen Heftroman: